Haushaltsrede der Fraktion

Bei der Sitzung des Gemeinderats am 11. Dezember 2018 hat in diesem Jahr unser Stadtrat Hermino Katzenstein  die Rede zum Haushaltsplan 2019 der Stadt gehalten.

Die Grüne Fraktion hat dem Haushalt nicht zugestimmt, sondern sich bei der Abstimmung enthalten (alle anderen Fraktionen haben zugestimmt).


Begrüßung

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Volk,
liebe Kolleginnen und Kollegen des Gemeinderats,
sehr geehrte Damen und Herren aus der Verwaltung,
sehr geehrte Bürgerinnen und Bürger!

Botschaft: Wir tun zu wenig für den Klimaschutz

„Wir sind die erste Generation, die die Folgen des Klimawandels spürt“, sagte der damalige US-Präsident Barack Obama beim UN-Klimagipfel 2014. Und weiter:
„Und wir sind die letzte, die etwas dagegen tun kann.“

Der Klimaschutz ist DIE Aufgabe für uns alle, es ist DIE Herausforderung, an der sich das Wohl der Menschen in Neckargemünd entscheidet.

Wir haben die Aufgabe alles zum Wohl unserer Bürgerinnen und Bürger zu unternehmen.

Und dazu gehört auch das Wohl der kommenden Generationen,
das Wohl unserer Kinder und Enkel!

Wir werden in Neckargemünd unserer Verantwortung beim Klimaschutz nicht wirklich gerecht!

Auch wir merken doch hier schon die Auswirkungen des Klimawandels!

Sei es der extrem trockene Sommer, der unserem Wald nicht gut tut, seien es die lokalen Starkregenereignisse unlängst in Mückenloch oder unser Nachbarschaft.

Ich mag mir gar nicht vorstellen, was da noch alles auf uns zukommt.

Es ist längst Zeit zu handeln, hier und heute!

Erläuterung der Botschaft/Einordnung
(Global denken – lokal handeln!)

Keine Sorge – ich werde in den nächsten Minuten nicht nur die Mängel im Haushaltsplan erwähnen, sondern auch die guten Ansätze betonen.

Doch die reichen unserer Meinung nach immer noch nicht aus.

Vorab – lassen Sie sich bitte nicht in die Irre leiten.
Viele Gegner von Klimaschutzmaßnahmen reden nur vom Wetter, wenn sie das Klima meinen:

Unter Klima wird der über mindestens 30 Jahre gemittelte meteorologische Zustand an einem Ort verstanden
– beim Wetter geht es hingegen um Tage oder Wochen.

Und der menschliche Einfluss auf den Wandel des Klimas ist eindeutig nachgewiesen, es gibt überhaupt keinen Zweifel!

Da sind wir uns hier im Raum ja zum Glück alle einig.

Wir könnten ja sagen – und manche denken es wohl auch – mein Gott, das Abkommen von Paris haben doch die Staaten beschlossen.

Die Verantwortung liegt also bei der Staatengemeinschaft, der EU und der Bundesregierung.
Oder beim Land Baden-Württemberg.

Das ist richtig.

Aber nur zum Teil.
Denn die Klimaschutzziele werden auch hier umgesetzt.
Sie müssen hier umgesetzt werden.

Wir müssen   global denken und lokal handeln!

Wo stehen wir?

Wir haben 2013 ein Klimaschutzkonzept und vor zwei Jahren ein Klimaschutz- und Energieleitbild beschlossen.
Aber das sind leider recht zahnlose Tiger.

Denn es fehlt an einem kontinuierlichen Monitoring, also einer stetigen Überprüfung, was wir bisher erreicht haben und was nicht.

Es fehlt an einer Fokussierung auf die Ziele – es fehlt an einem konkreten Plan zur Umsetzung und an seiner Kontrolle!

Ziel des Klimaschutzkonzeptes der Stadt Neckargemünd aus dem Jahr 2013 ist die Senkung der CO2-Emissionen unserer Stadt um 27 % bis zum Jahr 2025 gegenüber dem Ausgangswert von 2009.

Seit Verabschiedung des Klimaschutzkonzepts sind nun mehr als 5 Jahre vergangen, man kann das Jahr 2019 als die Halbzeit ansehen. (6 Jahre seit 2013, 10 Jahre nach 2009),

Spätestens im kommenden Jahr müsste also die Hälfte der schädlichen Klimagase eingespart worden sein.

Die aktuellen Zahlen des Klimaschutz-Monitoring der Stadt Neckargemünd, die bei der KLIBA abzurufen sind, reichen zwar nur bis zum Jahr 2015 (es gibt noch keine jüngeren), doch lassen sie bereits einen Trend erkennen:

Es ist zwar eine deutliche Reduktion im Bereich Strom, Gas und Heizöl für die Stadt festzustellen, aber ein Großteil dieser Reduktion resultiert aus witterungsbedingten Schwankungen.

Wie die KLIBA in ihrem Gutachten für den Rhein-Neckar-Kreis aufzeigt, müssen die Reduktionen bei Gas und Heizöl um einen witterungsbedingten Faktor von 9 % korrigiert werden, womit wir nur noch bei Einsparungen zwischen 4 und 6 Prozent landen würden.

Und im Verkehrsbereich haben wir in Neckargemünd sogar eine CO2Steigerung um 3 %.
Und der Verkehr ist immerhin für ein Viertel der Emissionen hier verantwortlich!

Einzig der Strombereich verzeichnet eine deutliche CO2-Reduktion um 12 %, verursacht vermutlich durch den generell gestiegenen Anteil regenerativer Energien.

Weil der Löwenanteil der CO2-Emissionen in Neckargemünd mit mehr als der Hälfte auf den Bereich der privaten Haushalte fällt, müssen wir private Haushalte gezielt anreizen, mehr zum Klimaschutz beizutragen:

Nach Beratung der KLIBA und auf Vorschlag des Klimaschutzbeirates sind konkrete Fördermaßnahmen zur energetischen Gebäude-Modernisierung im privaten Bereich der effektivste Weg zu tatsächlich spürbaren CO2-Minderungen!

Ein Euro Förderung regt dabei ein Vielfaches an Euro privater Investitionen an. Und das kommt uns, das kommt der Stadt zu Gute.

Denn lokale Handwerksbetriebe bekommen mehr Aufträge, Arbeitsplätze werden gesichert oder gar ausgebaut.
Und über die diversen Steuern steigen auch die kommunalen Einnahmen.

Klimaschutz rechnet sich!

Er rechnet sich über zeitnahe Einnahmen und Sicherung des Wohlstandes in der Stadt.

Und wir sparen langfristig die enormen Ausgaben um den Folgen des Klimawandels Herr zu werden – z.B. beim Hochwasserschutz, beim Waldhaushalt oder beim Wasserverbrauch.

Und es bleibt mehr Geld hier bei den Menschen, wenn Sie es nicht für Energiekosten in andere Regionen und Länder überweisen müssen.

Bei der Haushaltsklausur hatten wir Grüne den Antrag gestellt, 50.000 € zur Förderung der Sanierung von privaten Gebäuden bereit zu stellen.

Es war sehr verwunderlich, dass dies der erste und insgesamt auch der einzige Antrag aus dem Gremium war, bei dem auf einmal eine Gegenfinanzierung gefordert wurde.

Wo ist denn die Gegenfinanzierung für die neue Möblierung im Chefbereich des Rathauses?
Oder für die Sanierung von diversen Mauern in der Altstadt oder der Kriegsmühle?
Oder für den Parkplatz „Schöne Aussicht“?
Oder für die Ertüchtigung der Neckarriedkopfhütte?

Nada – niente – nichts.

Aber bei unserem Klimaschutzantrag war das auf einmal gefordert. Das ist schon etwas schräg.

Und das widerspricht unserem Klimaschutzleitbild!

Ja, im heute zu verabschiedenden Haushaltsplan sind durchaus einige Maßnahmen enthalten, die den Klimaschutz voranbringen.

So sind 100.000 € vorgesehen, um hier am Rathaus ein Carport zu errichten.
Nicht irgendein Carport, sondern eines mit Solaranlage auf dem Dach und Elektroladesäulen darunter.
Damit sollen die neu anzuschaffenden kommunalen Elektrofahrzeuge „betankt“ werden.
Das ist eine hohe, aber auch zukunftsweisende Investition – vielen Dank an die Verwaltung für diesen Vorschlag, dem der GR, dem die Grüne Fraktion gerne gefolgt ist.

Wir erinnern uns aber auch daran, dass vor anderthalb Jahren die Altstadtsatzung gegen unseren Willen dahingehend geändert wurde, dass neue Photovoltaikanlagen nicht mehr zulässig sind. Wir Grüne haben uns damals den Mund fusselig geredet – vergeblich…

Auch das passt nicht zusammen, auch dies war ein Beschluss gegen den Klimaschutz!

Der Fuhrpark wird immerhin ein wenig elektrifiziert: z.B. für das neuen Elektro-Fahrzeug des Hausmeisters, der für die Unterkünfte der Geflüchteten zuständig ist, sind 30.000 Euro eingeplant.

Ich persönlich habe aber ein Problem, dass für einen Auto-Parkplatz rund 30.000 € ausgegeben werden sollen.

Passt das zu unseren Zielen, zu dem nötigen Ziel, den Anteil des Autos am Verkehr zu reduzieren und den ÖPNV auszubauen?

80.000 € sind für eine vernünftige Fahrradabstellanlage am Schwimmbad eingeplant – mit Ladesäulen.
Wobei wir in der Klausur darüber diskutiert haben, ob es nicht ausreichend wäre, im Bereich der Umkleiden abschließbare Spinde mit Anschlüssen für das Aufladen der beim Rad ja leicht herausnehmbaren  Akkus zur Verfügung zu stellen.

Damit könnten deutlich Kosten eingespart werden (die Verlegung von Leitungen zum Fahrradparkplatz fällt weg), ohne dass das Ziel aus den Augen verloren wird – eine sehr sinnvolle Modifikation des Vorschlags der Verwaltung.

Apropos  – im vergangenen Jahr ist bei der Radverkehrsförderung recht wenig geschehen.

Es wurde zwar endlich wurde das Geländer der Eisenbahnbrücke erhöht, so dass RadfahrerInnen nicht mehr absteigen müssen

Aer es ist ihnen immer noch verboten, die Beschilderung wurden noch nicht geändert.In der Bahnhofstraße hat sich nichts getan, in der Wiesenbacher Straße haben wir immer noch die absurde Benutzungspflicht und hier vorm Rathaus liegt immer noch – sorry – ein Stück Schrott rum.
Der dortige Felgenklemmer ist keine geeignete Fahrradabstellanlage. Überhaupt nicht. Das ist Technik aus dem letzten Jahrhundert!
Es fehlt die Möglichkeit sein Rad sicher anlehnen und abschließen zu können.

Wir bitten also  dringend darum, hier im kommenden Jahr tätig zu werden 50.000 € stehen für die weitere Förderung des Radverkehrs zur Verfügung.

Die sollten unbedingt komplett verausgabt werden.

Das Fahrrad braucht mehr Rückenwind aus der Verwaltung in Neckargemünd.

Ein Durchbruch ist tatsächlich uns beim Fußverkehr gelungen!

Aufgrund unseres Antrags in der HH-Klausur wird es erstmals einen expliziten Titel zur Förderung des Fußverkehrs geben.

Wir stellen 15.000 Euro für den Fußverkehrscheck zur Verfügung.

Dieser wird vom Land durchgeführt, wir werden uns darum bewerben.

Bei erfolgreicher Bewilligung der Landesförderung  wollen wir das Geld für die Umsetzung erster Maßnahmen verwenden.

Sollten wir aufgrund der großen Konkurrenz bei der Landesförderung leer ausgehen, so können wir die Mittel für die eigene Finanzierung des Checks verwenden.

Wir freuen uns, dass den Beschäftigten weiterhin das Jobticket angeboten wird – auch dies geht auf unsere Initiative zurück.

Fazit – und wie geht’s?

Ich habe eingangs unser Klimaschutzkonzept und die darin enthaltenen Reduktionsziele erwähnt.

Erst im November 2016  haben wir uns endlich ein Energie- und Klimaschutzleitbild gegeben. Es „soll dazu beitragen, die Treibhausgasemissionen bis 2020 um 20 Prozent, bis 2025 um 25 Prozent und bis 2030 um 30 Prozent gegenüber dem Jahr 2009 zu senken.“

Ich sagte schon, dass wir deutlich hinterherhinken.

Und es steht ja leider noch schlechter – denn die Ziele unseres Konzeptes – Reduktion um 30 % bis 2030 – hinken hinter denen von Paris und denen der Bundesregierung hinterher!

Die nun nicht wirklich besonders ambitionierte Bundesregierung hat sich verpflichtet, die Emissionen bis 2030 um 40 % gegenüber 1990 zu reduzieren.
Bis 2030 sind es nur noch gut 11 Jahre, wir haben wie erwähnt in Neckargemünd nur wenige Prozent erreicht.
(Referenzjahre verschieden, aber in dem Zeitraum 1990 – 2009 wurde sehr wenig erreicht.)

Unser Klimaschutzleitbild und das Konzept müssen also beide dringend überarbeitet und den aktuellen Herausforderungen angepasst werden!

Unsere Bemühungen reichen also bei weitem nicht, um bis 2050 weitgehend klimaneutral zu sein, also die klimaschädlichen Emissionen um mindestens 95 % reduziert zu haben.

Je später wir auf den richtigen Pfad einschwenken, desto schwieriger haben wir bzw. die zukünftig in der Verantwortung stehenden, noch die Kurve zu kriegen!

Wir müssen also unbedingt uns stets hinterfragen, ob wir dem beschlossenen Ziel bereits näher gekommen sind und wie wir es wirklich erreichen.

Wir wünschen uns daher, dass zukünftig bei jeder (größeren) Maßnahme, bei jeder Vorlage der Verwaltung für den Gemeinderat,  stets die Frage gestellt und beantwortet wird:

Ist die Maßnahme mit dem Energie- und Klimaschutzleitbild vereinbar, dient sie diesem übergeordneten Ziel?
Und wenn Ja, wie, in welchem Umfang?
Und wenn Nein, wieso ist sie erforderlich?

Wir wollen, dass Ausnahmen stets sehr genau und gut begründet werden müssen. Beziehungsweise sie sehr, sehr selten sein müssen.

Wir müssen Klimaschutz zur Haltungsfrage machen! Wir nicht nur die Verhandler in Kattowitz, nicht nur die Beamten im UBA wir alle – hier in Neckargemünd, hier im Rathaus!

Jetzt rede ich zum Ende nach den ganzen Klimathemen doch noch vom Wetter:

Unser Haushalt ist nicht wetterfest!

Es ist vorgesehen, 3 Millionen Euro neuer Kredite aufzunehmen.

3 Millionen Eureo!

Und es ist geplant den Rücklagen knapp 1,9 Millionen Euro zu entnehmen.

Anstatt wie vorgeschrieben, dem Vermögenshaushalt Geldmittel vom Verwaltungshaushalt zuzuführen machen wir es sogar umgekehrt.

Wir müssen mehr sparen, die GPA mahnt uns seit Jahren, uns droht dieser Haushalt um die Ohren zu fliegen!

Jetzt denken Sie alle wahrscheinlich, wo sind denn eure Sparvorschläge, liebe Grüne?

Zum einen habe ich ein paar erwähnt, zum anderen ist es doch die Aufgabe der Verwaltung und nicht von uns ehrenamtlichen Stadträtinnen und Stadträten, einen ausgeglichenen Haushaltsentwurf vorzulegen.

Die Verwaltung hat die Experten, sie hat den Überblick und die Detailkenntnisse, welche Ausgaben wirklich erforderlich sind, und nicht wir.

Andere Kommunen und auch das Land haben mit einer Globalen Minderausgabe durchaus viel Geld einsparen können – das wäre auch hier sicher möglich.

Natürlich nicht bei jedem Unterkapitel wie z.B. dem der Schülerbeförderung, welches nur eine festgeschrieben Ausgabe enthält.

Aber bei vielen großen und kleinen Einzelpunkten ist es sicher noch möglich zu sparen oder die Ausgabe ganz zu hinterfragen.

Herr Bürgermeister Volk hat uns zugesichert, wir sollen mal ihm und der Verwaltung vertrauen, das Rathaus würde sicher sehr sparsam wirtschaften.

Herr Volk, daran werden wir Sie immer wieder erinnern, denn wie hieß es unlängst so schön in der RNZ: Die Grünen vergessen nichts!

Ich schließe mit dem Dank an die Verwaltung, insbes. danken wir Herrn Möhrle und seinem Team für seine Arbeit.

Wir danken den Kolleginnen und Kollegen des Gemeinderats für die sachlichen Beratungen und Diskussionen und Ihnen allen für die Geduld beim Zuhören.

Da wir, wie begründet, auf dem Weg zum Klimaschutz in Neckargemünd mit diesem Haushaltsentwurf zwar ein paar richtige Schritte machen, aber wir noch nicht wie erforderlich rennen, kann die Grüne Gemeinderatsfraktion dem Entwurf nicht zustimmen.

Vielen Dank.

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