Felix Konrad – 22.2.2025
Sehr geehrter Herr Bürgermeister Seidl,
sehr geehrter Herr Möhrle, sehr geehrte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren!
Herzlichen Dank für Ihre umfangreichen Vorarbeiten zum diesjährigen Haus-halt, die konstruktiven Klausursitzungen und die gute Zusammenarbeit!
Dies ist ein besonderer Haushalt, aufgestellt unter neuen Vorzeichen: Das Amt des Bürgermeisters ist neu besetzt und auch der Gemeinderat hat sich stark verändert und verjüngt. Gelungen ist es in den Verhandlungen das Defizit zu reduzieren von 6,3 Mio € auf 5,8 Mio €.
Es klang bereits in der Einbringung des Haushalts im November an und konnte uns als Neckargemünder Bürgerinnen und Bürger nicht überraschen: Die Mittel sind knapp und wir planen mit hohen Schuldenaufnahmen. Obwohl – oder ge-rade weil – über Jahrzehnte nur das nötigste ausgegeben wurde. Wenn wir über Schulden sprechen, dann denken wir meistens an Geld, das zurückgezahlt werden muss und Zinsen. Als Stadtgesellschaft machen wir – oft ohne uns des-sen bewusst zu sein – Sachschulden, die in den Büchern nicht auftauchen. Sie liegen verborgen in KiTas, Brücken, Straßen, Schulen oder veralteten analogen Verwaltungsprozessen. Sachschulden, Substanzschulden. Auch das sind Schul-den, die uns einholen. Blickt man unterdessen nach Valencia, ins Ahrtal oder nach Kalifornien, so wird einem bewusst, dass Versäumnisse der Vergangenheit in der Klimapolitik die Risiken der Gegenwart enorm gesteigert haben.
Und auch auf Sachschulden zahlt man „Zinsen“. Das wohl prominenteste Bei-spiel für „clever gespart“ findet sich in der abrutschenden Straße am Mühlwald in unserem Ortsteil Rainbach. „Hätte man damals doch nur…“ dieser Satz ist oft gefallen in letzter Zeit. Hat man aber nicht. Und heute müssen wir aus einer Notsituation heraus unter großem Druck eine Baustelle aufmachen, um Schlimmeres abzuwenden und Menschen zu schützen. Das sind vermiedene Bankschulden zu Ungunsten von Sachschulden.
Wir wollen gerne Geld ausgeben, um Sachschulden zu tilgen und den Bürgerin-nen und Bürgern zukunftsfähige Gebäude, Prozesse und Infrastrukturen zur Verfügung stellen. Die Spielräume dafür sind eng. Nachteiliger Zensus, gestie-gene Kreisumlage, höhere Tarife für das Personal… die Gründe wurden ge-nannt und erläutert.
Für uns Grüne, stellt sich daher die Frage: Wie können wir die wirtschaftliche Situation verbessern und – ein großes UND – uns an die Klimakrise und ihre Fol-gen anpassen? Wie schaffen wir es, das soziale Miteinander dabei zu stärken?
Ich bin Architekt und was mir dazu einfällt ist ein Leitsatz der modernen Archi-tektur:
LESS IS MORE – WENIGER IST MEHR. Das war ein Ideal vieler Architektinnen und Architekten der Moderne. Ihr Baustil war durch Vereinfachung, Schlicht-heit, Effizienz und Minimalismus geprägt.
Übertragen auf unsere Situation könnte man vielleicht sagen: Wo können wir klima- und finanzwirksam sparen? Wie setzen wir unsere Mittel ein, sodass wir die wirtschaftliche Entwicklung befördern im Einklang mit den Zielen unserer Stadt? Wie kann man mit einfachen Mitteln Qualitäten schaffen?
Die Haushaltsstrukturkommission – vielleicht finden wir irgendwann einen schöneren Namen dafür – wird sich mit genau diesen Fragen befassen. Und wir Grüne haben im Vorfeld der Haushaltsverhandlungen intensiv diskutiert und auch Vorschläge für das Weglassen, Zusammenlegen und weitere Einnahmen gemacht.
Konsolidierung der Finanzen:
Bereits von der Verwaltung aufgegriffen wurde unser Gedanke, die Parkraum-bewirtschaftung zu erweitern und damit die städtischen Flächen besser in Wert zu setzen.
Auch etliche unserer Streichungs- beziehungsweise Kombinationsanträge, z.B. für die E-PKW-Flotte der Stadt, wurden ebenfalls aufgenommen. Einige bauli-che Tätigkeiten am Rathaus hätten wir eher in einem Zug mit einer größeren Sanierungsmaßnahme freigegeben. Hier konnten wir uns nicht durchsetzen – die Verbesserung der Arbeitssituation und der verbesserte Service im Rathaus sind aber unbestreitbar valide Gegenargumente.
Wir sehen nach wie vor ein riesiges Potential in der interkommunalen Zusam-menarbeit, sei es in Bezug auf die Schulen, Bauhof, Gärtnerei und den Gebäu-deunterhalt oder auf die Idee einer gemeinsamen Fachstelle für Ausschreibun-gen und Vergaberecht. Wir verstehen natürlich, dass dies sowohl intern sowie im Dialog mit den Umlandkommunen des GVV keine einfachen Projekte sind. Aber das sollte uns ein Ansporn und kein Hemmnis sein.
Den Kurs der Verwaltung die eigenen Gebäude effizienter zu nutzen, zu sanie-ren oder im Einzelfall abzustoßen, unterstützen wir. Die jüngsten Projekte da-hingehend (Freiräume in der Villa Menzer, Schwimmbadsanierungsplanung und Re:Source Neckargemünd) finden wir äußerst vielversprechend.
Projektvorschläge
Kommen wir zu den Projekten, die wir gerne zusätzlich im Haushalt umgesetzt sehen würden:
Der Hanfmarkt braucht aus unserer Sicht dringend eine barrierefreie Bushalte-stelle. Das fordert nicht zuletzt die UN-Behindertenrechtskonvention, das sollte auch unser Interesse sein, um Hürden abzubauen und Teilhabe zu erleichtern. Auch wenn wir uns damit nicht durchsetzen konnten, so war die Diskussion aus unserer Sicht fruchtbar – viele unserer Kolleginnen hier, sehen Verbesserungs-potentiale für diesen wichtigen Ort.
Die große Kreuzung (Friedensbrücke/Volksbank/B45) wurde bislang aus dem Radverkehrskonzept ausgespart. Hier wird uns aber immer wieder aus der Be-völkerung gespiegelt, dass genau dieser Punkt besonders gefährlich ist. Daher sind wir froh, dass wir für eine konkrete Planung Mittel – mit Sperrvermerk – in den Haushalt aufnehmen konnten.
Weitere von uns geforderte Mittel für die Umsetzung des Radverkehrskonzepts wurden nicht bewilligt. Damit müssen sich Bürgerinnen und Bürger mit dem nach wie vor halbgaren Status Quo in der Radwegeführung in der Bahnhof-straße, in Kleingemünd oder zu und in den Ortsteilen zufriedengeben.
Gerne hätten wir es gesehen, dass Bürgerinnen und Bürger mit einem Stadtti-cket vergünstigten Zugang zum ÖPNV in Neckargemünd erhalten oder dass die Mitarbeitenden des Rathauses ein Deutschlandticket erhalten, um so die At-traktivität der Stadt als Arbeitgeber zu erhöhen. Auch hier gab es letztlich keine Einigung, aber der Austausch darüber war sinnvoll.
Unsere Vorschläge für ein Stadtbaumkonzept als kommunale Klimaanpas-sungsstrategie wurden abgelehnt mit dem Hinweis, dass es eine Aufgabe des neuen Klimaanpassungsmanagers sein wird, entsprechende Fördermittel zu akquirieren. Wir halten es für essentiell die Klimaanpassung (Schatten im öf-fentlichen Raum) und Aufenthaltsqualität zusammen zu denken und hoffen, dass dieses wichtige Thema künftig im Rahmen einer gesamtstädtischen Klima-anpassungsstrategie berücksichtigt wird.
Besser erging es uns mit dem Dialog um das Thema Wald: Ein moderierter Aus-tausch mit den Bürgerinnen und Bürgern zu diesem Thema ist nun endlich in Planung, für die externe Moderation des Prozesses stehen Gelder im Haushalt bereit.
Wir haben uns dafür eingesetzt die Sanierung des Jugendzentrums zeitnah an-zugehen und wir begrüßen es ausdrücklich, dass hier in 2025 und 2026 Mittel für die Sanierung des alten E-Werks vorgesehen sind. Aber nicht Gebäude, sondern Menschen, machen Jugendarbeit. Deshalb haben wir uns dafür einge-setzt dass eine entsprechende Fachkraft rechtzeitig gesucht und gefunden wird.
Ausblick
Frustrierend waren die Ergebnisse für den Photovoltaik-Standort in Mücken-loch. Hier wurde das Richtige zu spät getan und nun beginnen wir von vorne. Auch Zögerlichkeit oder inkonsequente Priorisierung kosten Geld.
Wir freuen uns dafür sehr auf das Ratsinformationssystem. Eine in unseren Au-gen wirklich sinnvolle Investition, die der Verwaltung, den Stadträtinnen und Stadträte die Arbeit erleichtert und aber vor allem den Bürger*innen einen rie-sigen Mehrwert hinsichtlich Transparenz und Informationsfluss bietet.
Dieser Beitrag stand unter dem Zeichen des „Weniger“. Das ist zwar nicht ver-kehrt, aber es gibt eben Dinge, die darf oder kann man nicht reduzieren: die kommunalen Pflichtaufgaben, das soziale Miteinander, die Traditionen und den Zusammenhalt. Und manchmal braucht es auch ein „Mehr“. Bitte nehmen Sie das als Schlussplädoyer: Die Stadt weiß zu wenig über ihre Gewerbebetriebe, ihre Dienstleister, ihre Einzelhändler und Handwerker. Eine Stadt wie Neckar-gemünd lebt von der Einwohnerumlage, aber eben auch von einer lebendigen Stadtgesellschaft mit Gewerbe, Handel und Kultur. Das bringt Lebendigkeit UND Einnahmen. Hier sollten wir stärkere Anreize setzen, allen Sparzwängen zum Trotz.
Wir stimmen dem Haushalt zu und bedanken uns für Ihre Aufmerksamkeit.
(Bild: Christoph Scholz auf Flickr – CC-BY SA 2.0)