Exkursion des Grünen Ortsverbandes Neckargemünd in den Energiewende-Landkreis Rhein-Hunsrück
Zu einer Besichtigung von Energieprojekten waren die Neckargemünder Grünen am Samstag 17. März in den Rhein-Hunsrück gefahren. Die ehemals strukturschwache Region ist heute deutscher Spitzenreiter bei der Erzeugung von erneuerbaren Energien. „Wir hier haben die Klimaziele Deutschlands für das Jahr 2050 bereits heute erfüllt und dadurch Wertschöpfung und Arbeitsplätze für die Region geschaffen“, erklärt Frank-Michael Uhle, der Klimaschutzmanager des Landkreises.
Jährlich müssten ohne die erneuerbaren Energien Mittel in Höhe von 290 Mio. € für Energieimporte aufgewendet werden, also Gelder, die normalerweise für fossile Energien an den Golf von Arabien oder nach Russland überwiesen werden – dem Ziel, diesen Betrag statt dessen praktisch zur Gänze aus heimischen Energien wie Wind, Sonne und Biomasse zu decken, sei man heute bereits sehr nahe. „Wir erzeugen hier unsere eigene Energie – und die Energiewende ist für uns zuallererst ein Wirtschaftsförderprogramm, ein sehr erfolgreiches“. Jede Gemeinde im Landkreis habe inzwischen einen ausgeglichenen Haushalt, die einstmals abgehängte Region bietet heute Wertschöpfung und Arbeitsplätze und sei zu dem Landkreis mit der niedrigsten Pro-Kopf-Verschuldung in Rheinland-Pfalz geworden. „Leerstand? Hier steht kein Haus länger als einen Monat leer. Wir haben Wartelisten.“ Der Hunsrück, den die Menschen in anderen Teilen Deutschlands aus dem TV-Mehrteiler „Heimat“ von Edgar Reitz als Region kennen, aus der junge Leute auf der Suche nach Beschäftigung wegziehen mussten, hat sich saniert. Im Bereich Elektrizität erzeugt man derzeit das Dreifache des eigenen Bedarfs und sogar bei Energie insgesamt (also einschließlich Heizen) ist man inzwischen praktisch Vollversorger.
Anhand eines Beispiels in seinem Vortrag beschreibt Uhle die konkreten positiven Folgen der Energiewende: Die Gemeinde Mastershausen kann dank der Einnahmen aus Energieverkauf und Pacht ein wahres Füllhorn kommunaler Wohltaten über den Bürgerinnen und Bürgern ausschütten: Altbausanierung, neue Bücherei, neuer Jugendraum, Vereinsförderung, Neuanlage eines Wanderweges; allesamt möglich dank der vor Ort umgesetzten Energiewende. „Früher drohte mancherorts die Kommunalaufsicht, den klammen Gemeinden sogar noch die Brezel zum St.-Martins-Umzug zu streichen. Diese Zeiten sind vorbei.“, freut sich Uhle. Selbst die berühmte Geierlay Hängebrücke in Mörsfeld, inzwischen ein überregionaler Anziehungspunkt für Touristen, sei erst durch die Einnahmen aus dem Energiebereich realisierbar geworden.
Uhle und die Bürgermeister Volker Wichter (Gemeinde Neuerkirch) und Bernd Ries (Gemeinde Külz) führen die Besucher durch ein Modellprojekt, die gemeinsame Heizzentrale der beiden Dörfer: 140 Haushalte werden über ein sechs Kilometer langes Leitungsnetz mit Wärme versorgt, die zu 80% aus heimischen Holzabfällen stammt. Zu 20% hilft noch ein Solarfeld mit thermischen Sonnenkollektoren mit. Und während die Besucher im unvermittelt zurückgekehrten Winter zittern, erläutern die Macher, dass die Solaranlage selbst im bitterkalten Februar 40.000 kWh Wärme erzeugt hat. „Bei der Verlegung des Netzes haben wir gleich ein Glasfaserkabel mit verlegt. Hier im Dorf haben die Haushalte jetzt 300Mbit/sec. Das haben viele Großstädte nicht! Wir haben die Dörfer fit für die Zukunft gemacht!“
„Die Kommune muss als Vorbild vorausgehen!“ ist eine der zentralen Lehren, die Klimamanager Uhle der Delegation aus Neckargemünd mit MdL Hermino Katzenstein, der Fraktionsvorsitzenden Petra Groesser und Ortsverbandsvorstand Stefan Geißler mit auf den Weg gab. Rein ehrenamtliches Engagement ohne die Initiative und Unterstützung der Gemeinden und der ganzen Region habe es schwer, die nötige Langfristigkeit bei der Umsetzung zu erreichen. Und in jedem Fall „Fangen Sie klein an, fangen Sie jetzt an! Ein Schritt kommt zum anderen und warten Sie nicht auf Maßnahmen von oben!“
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