Grünen-Stadtrat Felix Konrad über das Lädensterben in der Neckargemünder Altstadt
Mit 7 zu 8 Stimmen hat sich der BUV (Ausschuss für Bauen, Umwelt und Verkehr) in der Oktober-Sitzung für eine Umwandlung der Geschäftsräume der alten Bäckerei Meyer in Wohnraum ausgesprochen. Für die Grüne Fraktion eine ärgerliche Niederlage und für den Gemeinderat ein Armutszeugnis. Aus den Beiträgen etlicher Kolleg*innen ging hervor, dass sie die Neckargemünder Altstadt bereits aufgegeben haben. „Das Einkaufsverhalten hat sich eben verändert – kleine Läden können sich kaum noch halten weil die Menschen eben lieber bequem zum Discounter gehen.“ So lautet das traurige Argument.
Mit schicksalsergebenem Fatalismus sehen hier die (knappe) Mehrheit der Volksvertreter der Zukunft entgegen und sprechen sich damit selbst noch jede Handlungsfähigkeit ab dem Trend entgegen zu wirken. Vielmehr beschleunigen Sie ihn und gefährden damit alle anderen kleinen Unternehmer in unserer schönen Innenstadt. Denn jedes verlorene Geschäft bedeutet auch immer einen Verlust an Laufkundschaft für die übrigen. Und was einmal Wohnraum geworden ist, kann nur schwerlich als Ladenfläche wiedergewonnen werden.
Dabei sehen wir gerade in letzter Zeit spannende neue Impulse für unsere Altstadt: Das Modehaus Leist: Umgenutzt als Kaffeerösterei. Die Friedrichsburg: Wiederbelebt. Naggisch – der Unverpackt-Laden baut trotz Corona-Krise sein Sortiment weiter aus. Der „Deutsche Kaiser“ ist im Umbau, die ehemalige Teppichwäscherei in der Hauptstraße 86 ebenfalls. Die Investorensuche für Griechische Weinstube, den Goldenen Anker und die Villa Menzer geht weiter und spült immer wieder interessante Konzepte an.
„Die Marktwirtschaft nimmt ihren Lauf, darauf haben wir keinen Einfluss.“, sagen die „Gewinner“ der Abstimmung. Natürlich lohnt sich kein Tante-Emma-Laden. Es gibt auch keinen solchen Laden mehr. Wer mit offenen Augen durch die Stadt geht, der sieht, dass die Geschäfte längst individuell angepasst Konzepte verfolgen. Das gilt für die „Neuen“ – wie Naggisch und Soulsew, aber auch für die „Alten“ wie Rudi, der jetzt E-Bikes verkauft und repariert oder die Metzgerei Krauss, die ihr Fleisch regional und teilweise aus Biobetrieben bezieht und schon länger mit einem vielfältigen Mittagstisch nicht nur hungrige Handwerker beglückt.
Wir sehen hier hart arbeitende, teilweise um ihre Existenz ringende Mitbürger*innen. Denen sind wir es schuldig, dass wir uns um Sie bemühen. Mit neuen Ideen, mit Solidarität – gerade jetzt! – und nicht mit einem muffigen „hat-doch-alles-eh-keinen-Sinn-mehr“!
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