Im Neckarboten vom 18.2. schlägt der Kandidat der CDU für die Landtagswahlen Dr. Albrecht Schütte vor, das Land Baden-Württemberg solle bis 2026 klimaneutral werden und die CDU habe dafür auch bereits ein Konzept. Diese Aussage überrascht, denn zum einen tritt die CDU bislang leider meist noch nicht als Treiberin einer raschen Energiewende auf, sondern eher als Anwältin von Kohleverstromung oder der Verhinderung eines raschen Ausbaus von Erneuerbaren Energien. Zudem: So wichtig dieses Ziel einer raschen Erreichung der Klimaneutralität ist und so willkommen jedes Engagement hier ist: Nach einhelliger Meinung der maßgeblichen Fachleute zu diesem Thema wird es eine große Herausforderung sein, dies rechtzeitig für die Einhaltung der Vorgaben des Pariser Abkommens zu schaffen, aber der Wahlbevölkerung dies nun sogar in den nächsten fünf Jahren in Aussicht zu stellen, ist schlicht unrealistisch und so kurz vor wichtigen Wahlen auch ein Stück unseriös.
Albrecht Schütte nimmt mit seinen Aussagen Bezug auf das im Januar verabschiedete Landtagswahlprogramm der CDU Baden-Württemberg, in dem es heißt, Klimaneutralität bis 2026 solle durch „eine schnellere Reduktion des Ausstoßes durch ideologiefreie Nutzung bekannter Technologien, durch Marktreife in großem Maßstab für neue Technologien, durch die Erforschung bisher nicht bekannter Verfahren und durch Bindung von CO2 z.B. in Wäldern“ erreicht werden.
Mit der „ideologiefreien Nutzung bekannter Technologien“ ist wohl, ohne es auszusprechen, die Atomkraft gemeint, deren erklärter Befürworter gerade auch Dr. Schütte ist. Wie wohl die Bevölkerung im Land Baden-Württemberg eine Renaissance der Atomenergie sähe? Und selbst mal angenommen, dafür gäbe es Mehrheiten: Wie lange sind denn die Planungs- und Bauzeit von Atomkraftwerken?
Und so geht es weiter: „Erforschung bisher nicht bekannter Verfahren“? Das findet unbedingt unsere Unterstützung, dass ein Forschungs- und Technologieland wie Baden-Württemberg beständig weiter Forschung auch und gerade zu diesen Themen betreibt. Aber sollte man sich davon innerhalb der nächsten fünf Jahre echte Beiträge versprechen, wo doch schon die Umsetzung von Projekten mit vielfach erprobten Technologien in Deutschland oft viele Jahre erfordert? Ein praktikablerer Vorschlag wäre es sicher vielmehr, auf derzeit vorhandene und tausendfach erprobte Technologien wie Wind und Photovoltaik zu setzen und auch im Verkehr und in der Landwirtschaft rasch alle Potenziale zur CO2-Minderung zu nutzen.
Und schließlich: „Bindung von CO2 in den Wäldern“. Richtig ist ohne Zweifel: Unsere Wälder sind überaus wichtige und leistungsfähige CO2-Speicher. Ein Hektar Wald bindet pro Jahr ca. 12 Tonnen CO2. Aber um einen nennenswerten zusätzlichen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten, müssten viele Millionen Tonnen CO2 im Land pro Jahr zusätzlich gespeichert werden. Wo soll denn dieser Wald hin? Und wieder: Wie schnell kann das umgesetzt werden? Neue Wälder in den nächsten 5 Jahren?
Das Klima und alle denen es wichtig ist, freuen sich über jeden Verbündeten, auch und gerade über die CDU, die bei diesem Thema wie alle demokratischen Kräfte im Land dringend gebraucht wird. Eine Klimaneutralität bis 2026 in Aussicht zu stellen, spricht aber eher dafür, dass sich da jemand von seiner Begeisterung ein Stückweit hat davontragen lassen. Nichts für ungut: Können wir verstehen. Das Thema ist ja auch wichtig. Wir nehmen es als gutes Zeichen und freuen uns darauf mit Herrn Dr. Schütte und der ganzen CDU nach den Wahlen weiter an diesem Thema zu arbeiten. Beherzt und am besten mit durchdachten Zielen.
Stefan Geißler, Vorstand Bündnis 90 / Die Grünen Neckargemünd,
Kreisrat Rhein-Neckar
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