Gunter Dueck bei den „Neckargemünder Gesprächen“ über Digitalisierung
Bei der jüngsten Veranstaltung unserer Gesprächsreihe am Montag, 28. Mai sprach Gunter Dueck im bis auf den letzten Platz besetzten Jakobssalon über die Digitalisierung. Der Waldhilsbacher Buchautor, Mathematiker und ehemalige IBM-Cheftechnologe beschrieb dabei einen weiten Bogen, ausgiebig mit eigenen Erfahrungen und Anekdoten aufgelockert und konstatierte an vielen Einzelbeispielen, wie tiefgreifend der digitale Wandel die Verhältnisse verändern wird und wie wenig Wirtschaft, Politik und wir alle darauf vorbereitet sind.
Das beginne beim Schulunterricht, der sich z.B. in Bezug auf die Mathematik immer noch sehr an den Anforderungen an künftige Ingenieuere orientiert, statt an das Rüstzeug für viele Berufe zu vermitteln, die in den kommenden Jahren wichtiger werden. Es gehe weiter bei den Experten für Batterietechnologie, die längst eifrig von entschlossenen Unternehmen eingestellt werden, während die deutsche Industrie dabei ist, den Trend zur Elektromobilität weiter abzuwarten. In vielen Berufen sei die Herausforderungen in Zukunft, sich weg von den einfacheren, automatisierbaren Tätigkeiten hin zu den „höherwertigen“ zu orientieren, die menschlichen Kontakt und Verhandlung, Beratung und die Erstellung von komplexeren Gesamtlösungen erforderten.
Verwundert bis amüsiert kommentierte Dueck die Diskussion über manche ethische Fragen beim autonomen Fahren: Die dort bisweilen betrachteten Konstellationen (soll das selbständig fahrende auto eher diese oder jene Person überfahren, wenn ein Bremsen nicht mehr möglich sei?) seien über die Maßen exotisch und weltfremd. Stattdessen werde die einfache Tatsache, dass beim Löwenanteil der derzeit noch geschehenden, von Menschen verursachten Unfälle die Maschinen ungleich sicherer fahren, oft schlicht übersehen. Und überhaupt: Unsere derzeitigen Fahrzeuge stünden die meiste Zeit ungenützt herum, wohingegen autonome Fahrzeuge bei Bedarf heranrollen, um danach den nächsten Passagier anderswo aufzunehmen. Das autonome Fahren sei nicht nur in dieser Hinsicht, nichts anderes als ein großer, echter Fortschritt.
Dueck interpretierte das Thema „Digitalisierung“ breit und überraschte damit einige der Anwesenden, die vielleicht auf knackige Stellungnahmen zu Datenschutz oder zu den Praktiken von Regierungen und Firmen gehofft hatten. Statt dessen stellte er dem Publikum unter anderen die „Akerlof-Spirale“ vor, ein Erklärungsmodell, das Krisen auf Märkten beschreibt, auf denen der Anbieter einen Informationsvorsprung vor dem Nachfrager hat und diesen ausnützt, was zu stetig sinkender Qualität und fallenden Preisen bis zum Zusammenbruch der Märkte führen kann. Ärgerlich – aber oft zu unrecht der Digitalisierung angelastet.
Nach den Ende von Duecks Vortrag gab es intensiven Gesprächsbedarf und der Vortragende und sein Publikum verbrachten eine weitere Stunde mit Fragen, wie ob denn Schulen tatsächlich so weit hinter den Erfordernissen der Zukunft hinterherhinkten oder was denn die ArbeitnehmerInnen tun könnten, die den Spring hin zu diesen höherwertigen Tätigkeiten nicht schaffen.
Artikel kommentieren